OMTax: Die digitale Antwort auf die OECD-Mindeststeuer

Die Einführung der Mindeststeuer stellte die Schweizer Steuerbehörden vor grosse Herausforderungen. Da bisher kein System existierte, das diese komplexen Regeln abbilden konnte, musste eine völlig neue IT-Lösung entwickelt werden

Seit 1. Januar 2025 gilt in der Schweiz eine tiefgreifende Neuerung: die OECD/G20-Mindeststeuer von 15 Prozent für grosse, international tätige Unternehmensgruppen. Hinter den Kulissen steht das ambitionierte IT-Projekt OMTax, das die Umsetzung erst möglich macht. Entwickelt wurde das effiziente System von emineo und der Schweizerischen Steuerkonferenz SSK.

OECD/G20-Mindestbesteuerung

Die Schweiz hat zum 1. Januar 2024 die OECD/G20-Mindestbesteuerung eingeführt, die in Form einer nationalen Ergänzungssteuer umgesetzt wird. Diese sieht vor, dass grosse, international tätige Unternehmensgruppen mit einem Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro mindestens 15 Prozent Steuern auf ihren Gewinn zahlen. Ziel der Ergänzungssteuer ist es, den Abfluss von Steuersubstrat ins Ausland zu verhindern sowie stabile Rahmenbedingungen zu schaffen. Rund 140 Staaten, darunter die Schweiz, haben sich dazu verpflichtet, eine Mindestbesteuerung einzuführen. Mit der Volksabstimmung im Juni 2023 stimmten Volk und Stände dieser Reform mit deutlicher Mehrheit zu.

Eine neue Steuer erfordert ein neues IT-System

Die Einführung der Mindeststeuer stellte die Schweizer Steuerbehörden vor grosse Herausforderungen. Da bisher kein System existierte, das diese komplexen Regeln abbilden konnte, musste eine völlig neue IT-Lösung entwickelt werden. Die Anforderungen dafür waren hoch: Das System muss die Anforderungen aller Kantone abdecken, für die Unternehmen einfach nutzbar sein sowie strenge Datenschutzrichtlinien erfüllen. Zudem war der Zeitplan für die Umsetzung mehr als sportlich: Bereits per 1. Januar 2025 musste die neue IT-Lösung für die erste Steuerperiode der schweizerischen Ergänzungssteuer (Qualified Domestic Minimum Top-up Tax, QDMTT) produktiv einsatzbereit sein.

Angesichts des straffen Zeitplans und der hohen Themenkomplexität wurde von den kantonalen und der eidgenössischen Steuerverwaltungen entschieden, dass die Schweizerische Steuerkonferenz SSK für alle 26 Kantone eine einheitliche Lösung erarbeiten soll. Die Vorteile eines gemeinsamen IT-Systems liegen auf der Hand: Es reduziert nicht nur Kosten, sondern stellt auch sicher, dass alle Beteiligten mit denselben Standards arbeiten, sodass die neuen Steuerregeln reibungslos und effizient umgesetzt werden können.

Der Auftrag zur Entwicklung des Systems wurde an das Schweizer Software-Engineering-Unternehmen emineo vergeben. emineo überzeugte mit umfangreicher Erfahrung in der Umsetzung komplexer IT-Projekte in sehr kurzer Zeit. Zudem hatte sich die Zusammenarbeit mit der SSK bereits bei der erfolgreichen Entwicklung der Webapplikation BVTax (Business Valuation Tax), die gemeinsame Applikation der kantonalen Steuerverwaltungen zur Bewertung nicht kotierter Titel, bewährt.

Gebündelte und breitgefächerte Erfahrung

Basierend auf der rechtlichen Grundlage der Mindestbesteuerung haben die Projektpartner die zentrale Web-Applikation OMTax – OECD Minimum Taxation – konzipiert und entwickelt. Die enge Zusammenarbeit zwischen Steuerexperten und IT-Fachleuten, die allesamt bereits erfolgreich an verschiedenen Digitalisierungsprojekten mitgewirkt hatten, erwies sich als entscheidender Erfolgsfaktor. Bereits vor dem offiziellen Projektstart im April 2023 riefen der Bund und die SSK eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe ins Leben, welche Experten der kantonalen Steuerverwaltungen und der Eidgenössischen Steuerverwaltung mit umfassendem Wissen im Unternehmenssteuerrecht vereinte.

Gleiche Standards und harmonisierte Prozesse

Die Mindeststeuer betrifft viele Akteure – Unternehmen, Kantone und Bund – und erfordert eine enge Abstimmung zwischen Steuerrecht, IT und Organisation. Insbesondere die zentrale Berechnung der Steuer stellte eine Herausforderung dar, da Unternehmensgruppen oft in mehreren Kantonen tätig sind. emineo und die Projektleitung der SSK mussten sicherstellen, dass alle beteiligten Parteien ihre Interessen vertreten sehen. Fachlich bietet OMTax viele Vorteile: Unternehmen und Kantone interagieren in einem System, was eine effiziente und harmonisierte Bearbeitung der Ergänzungssteuer ermöglicht, den Verwaltungsaufwand reduziert und gleichzeitig Rechtssicherheit gewährleistet.

Transparenter, agiler One-Team-Ansatz

Die SSK und emineo einigten sich auf eine gemeinsame Projektmethodik sowie einen One-Team-Ansatz, der über die gesamte Projektdauer hinweg eine exzellente, partnerschaftliche Zusammenarbeit mit klarer Ausrichtung auf den Projekterfolg ermöglichte. Die Arbeitsweise im Team war von Anfang an transparent und agil sowie auf den Mehrwert für die Nutzenden ausgerichtet. In wöchentlichen Workshops wurden Anforderungen definiert und hinterfragt, Details erarbeitet und Fortschritte kritisch geprüft. Ein klickbarer Prototyp ermöglichte es allen Beteiligten, bereits frühzeitig Feedback zu geben und notwendige Optimierungen einzubringen. Diese iterative Entwicklung war zentral, um die hohe Komplexität des Projekts zu bewältigen.
Die umfassende Einbindung aller Kantone war ein weiterer Schlüssel zum Erfolg: Vertreter aus den Kantonen Aargau, Basel-Stadt, Bern, Genf, St. Gallen, Schaffhausen, Waadt, Zug und Zürich brachten im Kernteam ihre Perspektiven ein, um sicherzustellen, dass das System den vielfältigen Anforderungen gerecht wird.

«Die Entwicklung von OMTax stellte aufgrund der neuartigen Thematik, der noch nicht endgültig festgelegten Regularien und des engen Zeitrahmens eine besondere Herausforderung dar. Dank einer agilen Herangehensweise und einem fachlich äusserst kompetenten Team aus Experten und Entwicklern konnte diese Bewährungsprobe jedoch erfolgreich gemeistert werden.»

Nutzung bestehender Komponenten und Bewährtes als Grundlage

Ein weiterer Erfolgsfaktor war die Wiederverwendung bewährter Elemente: Bestehende Softwarekomponenten aus BVTax oder die Infrastruktur des Bundesamtes für Informatik und Telekommunikation konnten für OMTax genutzt werden, was die Entwicklungszeit verkürzte und Risiken minimierte. Das neue IT-System stellt zudem sicher, dass die Datenhoheit bei den Schweizer Behörden bleibt und die strengen Vorgaben der OECD sowie des Datenschutzbeauftragten hinsichtlich des Datenschutzes eingehalten werden. Vor dem offiziellen Go-live wurde OMTax in mehreren Testzyklen nicht nur von Security-Spezialisten und Steuerbehörden, sondern auch von Unternehmen getestet. So wurde das IT-System von potenziell steuerpflichtigen Geschäftseinheiten aus 20 grossen Unternehmen unterschiedlicher Branchen und mit diversen Fallkonstellationen umfassend geprüft. Deren Feedback ist direkt in die Weiterentwicklung des Systems eingeflossen. OMTax wurde so designt, dass eine intuitive Handhabung möglich ist. Die Applikation ist in das den Unternehmen bereits bekannte ePortal des Bundes integriert.

Ein pünktlicher Startschuss

Trotz der engen Zeitvorgaben ging OMTax wie geplant am 1. Januar 2025 in Betrieb. Die ersten Monate des Betriebs werden von emineo und der SSK eng begleitet, um allfällige Anpassungen schnell umzusetzen. Mit OMTax ist die Schweiz nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch optimal auf die Herausforderungen der internationalen Mindestbesteuerung vorbereitet. Das System ist zudem flexibel genug, um die per 1. Januar 2025 in Kraft getretene internationale Ergänzungssteuer, die Income Inclusion Rule IIR, sowie allfällige zukünftige Anforderungen wie etwa die Aktivierung der Undertaxed Payment Rule UTPR zu unterstützen.
Die ersten Einnahmen aus der neuen Steuer werden 2026 erwartet und auf bis zu 2,5 Milliarden Franken geschätzt. OMTax steht als Beispiel für gelungene Zusammenarbeit zwischen Fach- und IT-Experten. Mit innovativen Ansätzen und einem klaren Fokus auf den Nutzen für alle Beteiligten zeigt das Projekt, wie komplexe steuerliche Anforderungen effizient umgesetzt werden können.

Über die Schweizerische Steuerkonferenz

Die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK), gegründet 1919, ist ein Verein gemäss Art. 60ff. ZGB. Mitglieder sind die kantonalen Steuerverwaltungen und die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV). Die SSK fördert die Vereinheitlichung der Steuerpraxis und den Erfahrungsaustausch. In Arbeitsgruppen und Kommissionen werden Fragestellungen bearbeitet und unverbindliche Empfehlungen für die Kantone erarbeitet. Sie arbeitet im Milizsystem, d. h. ihre Mitglieder sind hauptberuflich in den kantonalen Steuerverwaltungen oder der ESTV tätig.

Kontakt

Stefan Rüttimann
Business Unit Lead Software Engineering

stefan.ruettimann@emineo.ch
+41 58 861 21 11

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